Stiftung -Künstlerhof Roter Ochse-
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29.03.2012 - Feuilleton FREIES WORT Übersicht | Drucken

"Ganz tot ist der Rote Ochse noch nicht"

An Mitstreitern hat es dem Roten Ochsen in Schleusingen schon lange gemangelt. Nun muss der Künstlerhof mit dem charismatischen Wappentier seinen Betrieb fürs Erste einstellen.

Von Susann Winkel


Die Entscheidung ist gefallen: 2012 wird es im Künstlerhof am Schleusinger Froschmarkt bis auf wenige Ausnahmen keine Veranstaltungen geben. "Der immense Umfang programmorganisatorischer, kulturpolitischer, kunstvernetzender, repräsentativer und öffentlichkeitswirksamer Arbeit kann ehrenamtlich durch die Mitglieder des Vorstandes leider nicht mehr realisiert werden", heißt es bedauernd in einer gestern veröffentlichten Pressemitteilung.

Schon lange stießen die guten Bedingungen des 2002 eröffneten Hauses an ihre Grenzen. Weil es an weiteren Geldgebern für die Stiftung des Roten Ochsens fehlt. Weil Schleusingen als Kleinstadt nicht unermesslich aus kulturengagierten Akteuren schöpfen kann. Weil schließlich der Gründer des Künstlerhofes, Klaus Niemann, mit seiner nur sporadischen Anwesenheit in Schleusingen allein nicht genügend Präsenz hat, um die Geschicke eines solchen Hauses ausreichend zu leiten. Nach wie vor pendelt der Pensionär regelmäßig zwischen seinem Wohnort in Rheinland-Pfalz und der Thüringer Kleinstadt, in der seine Mutter zu Hause war. 25 000 Kilometer Strecke kamen allein im vergangenen Jahr zusammen. Dazu rund 200 Stunden, in denen er den Vorstand bei dessen vielfältigen organisatorischen Aufgaben unterstützte.

Dass er Verantwortung abgeben, sich aus der aktiven Arbeit für den Roten Ochsen deutlich zurückziehen muss, hatte der 73-Jährige bereits im vergangenen Jahr angekündigt. "Ich muss ein bisschen mehr auf meine Gesundheit achten", begründet Klaus Niemann seinen Entschluss fast entschuldigend. Vielleicht auch bedauernd, denn trotz Bemühungen haben sich bisher keine neuen Mitstreiter gefunden, die seine Arbeit künftig übernehmen können. Die vier Mitglieder des Vorstandes, allesamt noch berufstätig, können die Aufgabenfülle allein aber nicht bewältigen, die solch ein agiles Haus der Kunst mit sich bringt.

Stipendiat kommt wieder

Und so wird es künftig ruhig werden in dem Gebäude mit dem roten Sandsteinwappen am Portal. Ein Stipendiat wird allerdings auch 2012 in den Künstlerhof einziehen. Vielleicht stellt dieser dann auch selbst etwas zu seiner Kunst auf die Beine, mutmaßt und hofft Klaus Niemann. Definitiv nicht ausfallen wird auch die Veranstaltung am 3. Oktober, zu der traditionell mit Lesungen, Filmen oder Zeitzeugen an die Ereignisse von 1990 erinnert wird. "Gäbe es die Deutsche Einheit nicht, dann gäbe es auch den Roten Ochsen nicht", mahnt der Stifter.

Die Zuversicht hat er noch nicht verloren, dass der kostspielig Kulturimpuls, den er vor zehn Jahren in Schleusingen setzte, von hiesigen Aktiven im Sinne der Kunst fortgetragen wird: "Ganz tot ist der Rote Ochse noch nicht." Zwei Interessenten hätten sich gemeldet, die sich engagieren wollen - eine Frau aus Meiningen und ein Mann aus der Nähe von Hildburghausen, beide im Kulturbereich tätig. Gespräche folgen Anfang April. "Wenn sie einsteigen, können wir das Programm jederzeit wieder aufnehmen", erklärt Klaus Niemann.

Die Vorbereitungen für zwei Konzerte, eine Ausstellung über den Eisfelder Maler Rosso Majores, für den Weihnachtsmarkt und eine Open-Air-Veranstaltung sind schon angelaufen. Für den beliebten Ostermarkt im Künstlerhof kommt allerdings jedes Bemühen zu spät - er muss 2012 ausfallen. Es könnte eine erste deutliche Mahnung an die Schleusinger Bürger sein, sorgsamer mit dem privaten Kulturgeschenk umzugehen, das Klaus Niemann ihnen und ihrer Stadt aus persönlicher Verbundenheit heraus gemacht hat. Es wäre unverzeihlich, ein solches Kleinod aus Resignation verwaisen zu lassen.


aktualisiert von Thomas G. Marzian, 29.03.2012, 20:26 Uhr