Der Rote Ochse noch in Lauerstellung
Erstmals konnte sich der Vorstand des Künstlerhofes Roter Ochse in Schleusingen bis zum Neujahrsempfang noch nicht auf ein Veranstaltungsprogramm festlegen. Es fehlt vor allem an Personal.
Von Jürgen Lautensack
Schleusingen - Das zehnte Jahr des Roten Ochsen könnte ein besonderes, ja auch ein entscheidendes für den Künstlerhof werden. Zumindest fängt es bereits ungewöhnlich an. Ungewöhnlich deswegen, weil zum Neujahrsempfang wohl erstmals noch kein Ausblick auf die Veranstaltungen des Jahres möglich war. "Es wird sich in den nächsten vier Wochen entscheiden, wie das Programm für 2012 aussieht", so erklärte Stifter Klaus-Dieter Niemann am Freitagabend den Gästen des Empfangs, die mit einer solchen Information alle nicht gerechnet hatten.
Zuvor hatte der Vorstand mehr als zwei Stunden getagt, konnte sich aber in der kurzen Zeit noch nicht endgültig auf ein Jahresprogramm festlegen. "Es war nicht machbar, wir brauchen noch etwas Zeit, um zu entscheiden, was wir machen können und was nicht", sagte Vorstandsmitglied Achim Hess.
Vorstand nicht komplett
An der Vorstandssitzung wurde auch das Kernproblem, mit dem die Stiftung und Vorstand derzeit zu kämpfen haben, sichtbar: "Erstmals in diesem Jahr kamen wir als Gremium überhaupt in dieser Runde zusammen", erklärte Sabine Kröll. Noch immer - seit einem guten Jahr inzwischen - fehlt das fünfte Vorstandsmitglied. Und nur drei der vier aktuellen Vorstandsmitglieder sind dauerhaft in Schleusingen. Die Vorsitzende Sabine Kröll wohnt wie der Stifter zu weit weg, um ständig vor Ort zu sein. "Deswegen bitten wir um Ihr Verständnis und werden Sie natürlich auf dem Laufenden halten", versprach Niemann.
Zu wenig Mitstreiter
Vor allem die personelle Absicherung der Veranstaltungen bereitet dem Vorstand Kopfzerbrechen. "Es liegen uns zahlreiche Angebote vor, und wir haben selbst eine Reihe von Anfragen gestartet, doch das Problem ist die Umsetzung - was können wir leisten in einem Jahr", erläuterte Achim Hess. Ein Aufruf zur Unterstützung der Arbeit im Künstlerhof im vergangenen Jahr wurde zwar zur Kenntnis genommen, blieb aber letztlich ohne den durchbrechenden Erfolg - nämlich neue Mitstreiter zu gewinnen.
Ausstellungen, Filmvorführungen, Konzerte und die Arbeit mit den Stipendiaten wollen alle organisiert und betreut werden.
Zwar gibt es rund um den Vorstand auch noch den Freundeskreis, einen lockeren Zusammenschluss Schleusinger Bürger, die immer wieder mit Rat und vor allem Tat zur Seite stehen, doch auch diese werden nicht jünger. Umso herzlicher ging der Dank des Stifters an alle, die im vergangenen Jahr dem Roten Ochsen die Treue gehalten haben - sei es im Vorstand, im Freundeskreis oder auch seitens der Presse, die das Geschehen, wie er sagte, "wohlwollend, aber auch kritisch verfolgt hat."
Allein an dem Aufwand, den Klaus-Dieter Niemann selbst betreibt, ist ersichtlich, welche Anstrengungen sich dahinter verbergen, eine kleine Kultureinrichtung wie den Künstlerhof mit attraktiven Veranstaltungen und Ausstellungen zu beleben. 120 Tage war er dafür von Rheinland-Pfalz aus nach Schleusingen und darüber hinaus unterwegs und hat dabei alleine für den Roten Ochsen 25 000 Kilometer mit dem Auto zurückgelegt.
Immerhin hat sich der Einsatz gelohnt, die weite Reise in die Barlach-Stadt Güstrow etwa hat dem Roten Ochsen eine Ausstellung beschert, die sehr viele Besucher in den Künstlerhof lockte. An 18 Ausstellungstagen (jeweils am Wochenende) im Jahr 2011 konnten in drei Ausstellungen 400 Besucher gezählt werden. Insgesamt kann der Rote Ochse in der Rückschau auf 1700 Gäste verweisen, die sich im vergangenen Jahr bei den verschiedensten Anlässen dort eingefunden haben.
Reihe von Spendern
Allein 25 Abendveranstaltungen - also nahezu alle zwei Wochen - sowie die beiden Märkte zu Ostern und Weihnachten wurden angeboten, dazu zwei Nachmittagsvorstellungen des Märchenspiels der Kindergarten-Theatergruppe. Noch mehr Gäste hätte es hier und da vielleicht geben können, würde in Schleusingen das Problem der Terminüberschneidungen endlich beseitigt.
Als erfreulich konnte Niemann berichten, dass es neben den Förderern eine Reihe von Spenden für den Roten Ochsen gegeben habe, zumeist anonym, dennoch galt natürlich allen sein Dank.
Wie über das Jahresprogramm, so ist auch über den neuen Stipendiaten oder die neue Stipendiatin noch nicht entschieden. "Bewerber gibt es eine ganze Menge", sagte Achim Hess, "etwa Anfang März wird das Kuratorium aus den Vorschlägen einen oder eine aussuchen." Dabei geht es zwar um die eigentliche künstlerische Arbeit, aber nicht weniger um die Vorstellungen der Bewerber, wie sie mit den Schleusingern kommunizieren wollen. "Wer passt am besten zum Künstlerhof und zur Stadt", so beschreibt Sabine Kröll die ausschlaggebenden Kriterien.
In gut vier Wochen dürfte dann mehr bekannt sein - auch über die Veranstaltungsangebote für das laufende Jahr.
aktualisiert von Thomas G. Marzian, 06.02.2012, 10:15 Uhr |