Daheim und weltverbandelt
Die Slusizer-Preisträgerin Ingeborg Schmidt-Kruppa hat am Wochenende im "Roten Ochsen" ihren neuen Gedichtband vorgestellt.
Von Doreen Fischer
Schleusingen - "Die besten Ideen kommen mir immer unterwegs ...", mit diesen Zeilen begrüßte Ingeborg Schmidt-Kruppa am Samstagabend ihre Gäste im Künstlerhof. Die Schönbrunnerin ist Trägerin des Slusizer-Preises 2012. Schon zur Preisverleihung hatte sie darauf hingewiesen, dass ein fertiges Büchlein in ihrem Laptop auf die Gelegenheit warte, an die Öffentlichkeit gebracht zu werden. Manchmal meint es der Zufall gut mit denen, die anderen Menschen mit ihren Worten Gutes bringen wollen. Der Hildburghäuser Verleger Steffen Fischer nahm sich ihres Werkes an. So konnte sie ihr "Daheim und weltverbandelt" erstmals einem Publikum vorstellen.
Zwölf Jahre lang hat sie an diesem Büchlein geschrieben. Allerdings sei es recht schwierig gewesen, all diese Gedichte, die über so einen langen Zeitraum entstanden, unter einen Hut zu bringen. Mit einem Kunstgriff gelang es ihr: Sie hat ihr Werk in vier Kapitel eingeteilt. So fügt sich das eine wie selbstverständlich ins andere. Zumal sie sich auf beide Wörter ihres Buchtitels konzentrierte: "Daheim, das ist da, wo man angenommen und verstanden wird. Es hat nichts damit zu tun, wo man geboren wurde oder wo man wohnt. Es hat unbedingt etwas mit den Menschen zu tun."
Weltverbandelt ist die ehemalige Lehrerin durch ihre vielen Reisen. Folglich widmet sich ein Kapitel dem "Unterwegs in der Welt". Die Autorin erklärt, dass sie beispielsweise einst eine Collage über Pompeji angefertigt hatte. Als sie irgendwann sogar persönlich dorthin reisen konnte, war sie überrascht: "Das ist tatsächlich so, wie ich es mir vorgestellt hatte."
Mit Worten spielen, die Zuhörer in den Bann ziehen und sie zum Nachdenken bewegen, das versteht Ingeborg Schmidt-Kruppa vorzüglich. Und auch dass man sie normalerweise im Doppelpack bekommt. Sie hat diesmal wieder zwei ihrer Bilder mitgebracht. Diese Frau ist vielseitig und wandelbar. Denn nachdem man ihr zwei ihrer Werke gestohlen hatte, hat sie sich einfach mehr aufs Schreiben verlegt. Doch sie erzählt auch Geschichten rund um ihre Bilder. Eine davon heißt "Am Strand". Beschrieben wird eine Frau, gertenschlank, mit langen Beinen und blonder Mähne. Während Ingeborg Schmidt-Kruppa in deren Rückansicht versunken, ihren Gedanken nachhängt, kommt ihr in den Sinn, in welchen Sphären dieses Wesen wohl beruflich seine Erfolge feiern könnte. Doch dann dreht die Blondine sich um. "Gibt es eine Mumifizierung am menschlichen Wesen", fragt die Künstlerin ihr Publikum. Und das ist begeistert, auch über die weiteren Ausführungen zu Lippen, dick wie Fahrradreifen und die knappe Überspannung eines Gerippes mit Haut.
Übrigens: Ihr allererstes Gedicht "Das Möwenlied" ist in Ahrenshoop an der Ostsee entstanden. In Ermangelung an Schreibpapier hielt sie die Zeilen damals auf einer Bäckertüte fest. Wäre diese Verpackung damals nicht gewesen, wer weiß, ob es heute "Daheim und weltverbandelt" überhaupt gäbe.
Ausblicke auf das, was man künftig von Ingeborg Schmidt-Kruppa erwarten darf, lieferte die Künstlerin gleich mit. Ein Märchenbuch, selbst illustriert, ist in Vorbereitung. Ein Abnehmbuch liegt in der Schublade. Das Logbuch einer Lehrerin ist schon als Manuskript fertig. Und angedacht ist ein Werk über Dorfgeschichten, die sie selbst erlebt hat. All das, was zum Teil schon fertig, zum anderen Teil noch eine Idee ist, nennt sie ganz einfach ihr Panoptikum. Aber eines, auf das sich die künftigen Leser schon jetzt freuen dürfen.
Worte und Bilder allein haben der Schönbrunnerin nicht gereicht, um ihren Abend anregend zu gestalten. Sie hatte sich auch noch musikalische Unterstützung von Prattica die musica geholt. "Sie liebt das Meer wie ein Akkordeonspieler das Meer brausen lässt", so sagte Hans Vieweg über Ingeborg Schmidt-Kruppa.
aktualisiert von Thomas G. Marzian, 25.03.2013, 09:47 Uhr |