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23.11.2010 - FREIES WORT - Lokalausgabe Hildburghausen Übersicht | Drucken

Auf nächtlicher Entdeckungstour

Die 5. Kultur- und Museumsnacht brachte Bewegung in die Stadt. In der Bertholdsburg und im Künstlerhof fanden die Sonderangebote großes Interesse.

Von Karin Schlütter


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Dreimal fand der Film \"Kopfwende\" im Künstlerhof Samstagnacht ein interessiertes Publikum.
Schleusingen - Der Fast-Vollmond leuchtete in den Hof der Bertholdsburg. Die hell erleuchteten Fenster des Naturhistorischen Museums im alten Gemäuer wirkten in der Novembernacht so einladend, dass man sich hier auch zu ungewöhnlicher Zeit willkommen fühlte. Und waren es um 18 Uhr erst so 20 Leute, die Museumsdirektor Dr. Ralf Werneburg begrüßte und die Rosika Hoffmann in die Schatzkammer "Hennebergische Gymnasialbibliothek" folgten, so wurden es im Laufe des Abends immer mehr. Immerhin es gab zum einen das Angebot, in die Bereiche des Museums einzudringen, die normalerweise verschlossen sind. Die Hennebergische Gymnasialbibliothek ist eine der heute seltenen fast vollständig erhaltenen Schulbibliotheken des 16./17. Jahrhunderts. Zum wertvollsten Bestand gehören 199 Inkunablen (Wiegendrucke - mit beweglichen Lettern gedruckte Schriften, die zwischen 1454 und 1500 hergestellt wurden), 24 Handschriften und ein Original-Lutherbrief. Auch für Alina, die mit ihren Eltern aus Floh-Seligenthal zur Museumsnacht gekommen war, eine spannende Sache, die "verstaubten" Bücher zu sehen und einiges darüber zu erfahren.

Doch die Besucher interessieren sich auch für die anderen Bibliotheken, die des Hennebergischen Geschichtsvereins Schleusingen mit etwa 2000 Bänden und die Naturwissenschaftliche Bibliothek. Regelmäßig werden Schriften getauscht mit 150 Partnern in aller Welt. Und so gehen auch die Naturwissenschaftlichen Veröffentlichungen des Schleusinger Museums hinaus in die Welt.

Auch in das Reich des Schlossverwalters Christian Stoischek durften die Besucher schauen und hörten, dass die Bertholdsburg als älteste Residenz Thüringens 1992 eines der ersten Objekte war, die die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten in ihre Obhut nahm. Sie schauten in die Werkstatt des Präparators Georg Sommer und in andere Räumlichkeiten, und sie konnten das sehen, was noch im Verborgenen schlummert an regionalgeschichtlichen und zoologischen Sammlungen. "Wir wollten den Menschen einmal zeigen, was wir hier beschützen und bewahren und was sie ja letztendlich auch mit bezahlen", erklärte Ralf Werneburg. Ein solcher Blick hinter die Kulissen sei mit einigen Sicherheitsrisiken verbunden. "Doch es ist alles gut gegangen", konnte er gestern konstatieren.

Aber es gab in dieser Museumsnacht noch eine besondere Überraschung. "Kunst im Dialog" hat der Schleusinger Bildhauer Benedikt Solga seine Sonderausstellung genannt. Und zur Eröffnung im Fürstensaal war der Andrang so groß, dass viele stehend die Einführung von Dr. Sieglinde Eckardt hörten. Ungewöhnlich habe er seine Skulpturen arrangiert. Nicht konzentriert, sondern 25 Werke in 16 Räumen verteilt. So dass er die Besucher auf besondere Art und Weise einlädt zur Begegnung Kunst trifft Natur, trifft Geschichte.

Kunst trifft Natur, Geschichte

Die Besucher konnten dann mit dem Künstler selbst auf Entdeckungsreise gehen, treppauf, treppab durch alle Ausstellungen des Naturhistorischen Museums mit der regionalgeschichtlichen Abteilung. Den Skulpturen Solgas begegnen - dem Teufel, Herrn S., einem Paar am Strand, Männerkörper im Kontext mit dem Saurierskelett . . .

Und im Heute der Ausstellung "300 Millionen Jahre Thüringen" zwei Werke mit übereinandergeschichteten Autos. Inmitten der Natur. "Ich habe einen herrlichen Wiesengrund entdeckt, durch den plötzlich eine Straße gebaut wird", erklärte Solga. Und obwohl auch er auf dieser Straße fahren werde, wenn sie fertig ist, tue ihm der Eingriff in die Natur weh. Der Fortschritt hat seinen Preis.

So kann jeder Besucher selbst seinen Dialog führen. Und wer sich einlässt, alle 25 Skulpturen ausfindig zu machen, der wird dabei sicher auch das Naturhistorische Museum komplett neu entdecken, so wie es in der Museumsnacht auch viele Schleusinger Besucher taten, darunter Bürgermeister Klaus Brodführer.

"Mama, Mama, guck mal" rief der kleine Florian aus Schalkau im Edelsteinkabinett. Er hatte unterm Mikroskop gerade Details eines wunderschönen Edelsteins bewundert. Und seine Schwester Corina, die unbedingt Paläontologin werden will, war natürlich auch schon bei den "Versteinerungen". "Und die Spinnen haben wir schon besucht", erzählt die Mama. "Bis auf einen Skorpion haben wir sie auch alle gefunden."

Viele Besucher kamen vom Künstlerhof Roter Ochse ins Museum oder gingen nach dem Besuch in der Bertholdsburg dort hin. Hier war mit der langen Filmnacht zum Thema "20 Jahre Wiedervereinigung" auch ein interessantes Programm geboten. Vor allem der Film des Stipendiaten Michael Jahn "Kopfwende" ( Freies Wort vom Montag) zog dorthin. Gezeigt wurden aber auch preisgekrönte Filme des Medienzentrums Henneberger Land. Wer vom vielen Schauen und Erleben müde war, der konnte sich im Fürstensaal der Bertholdsburg oder im Roten Ochsen bei Imbiss und Getränken ausruhen und dem tollen Klavierspiel von Christian Thadewald Friedrich lauschen.

"Wir sind sehr zufrieden mit der Resonanz", freut sich Ralf Werneburg. "Es waren deutlich mehr Besucher da als 2009. Auch wenn die endgültige Abrechnung der Kombitickets noch aussteht: Die Zahl wird irgendwo zwischen 350 und 400 Besuchern liegen."



aktualisiert von Thomas G. Marzian, 23.11.2010, 13:06 Uhr
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