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05.04.2011 - FREIES WORT - Lokalausgabe Hildburghausen Übersicht | Drucken

Pilgerfahrt zu Beethoven

Von Wolfgang Swietek

Schleusingen - Richard Wagner verbinden die meisten Musikliebhaber eher mit schwerer Musik, mit monumentalen Klängen, von "Götterdämmerung" bis "Parsifal", von "Walküre" bis "Tannhäuser". Und auch Ludwig van Beethoven ist nicht gerade ein Meister der heiteren Töne. Beide in einem Konzert erklingen zu lassen, wenn auch in unterschiedlicher Form, und damit dennoch einen heiteren Abend zu gestalten, war überraschend und erfreulich zugleich.


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Die Besucher im großen Saal des Künstlerhofs waren beeindruckt von dem literarisch-musikalischen Abend. Bild: ws
Die "Pilgerfahrt zu Beethoven" war die erste Veranstaltung des neuen Jahres im Künstlerhof "Roter Ochse" in Schleusingen, ein gelungener Auftakt, wie die Reaktion der zahlreichen Besucher bewies.

Nicht der große Opernkomponist und Herrscher des "grünen Hügels von Bayreuth" stand im Mittelpunkt des Abends, sondern - was weithin unbekannt war - der Literat Richard Wagner. Als 27-Jähriger, in der Musikwelt damals noch kaum bekannt und völlig mittellos, hatte Wagner die heitere Erzählung "Pilgerfahrt zu Beethoven" geschrieben. Mit feinsinnigem Humor, der so gar nicht zu dem späteren dramatischen Komponisten zu passen scheint, gibt Wagner in dieser fiktiven Geschichte Einblicke in seine Gedankenwelt. Seine Verehrung und Bewunderung für den großen Beethoven, der ihm Vorbild und Richtschnur zugleich ist, soll in einer persönlichen Begegnung enden. Deshalb begibt sich der junge Wagner von Leipzig aus auf die Reise nach Wien. Da stört es kaum, dass Ludwig van Beethoven zu dieser Zeit schon seit vierzehn Jahren nicht mehr am Leben war - was sind historische Fakten, wenn Wagner seinen Zuhörern Zeitgeist und -geschmack in so feinsinniger Weise vermittelt. Mit leichter Ironie, die dem Meister der großen Töne kaum jemand zugetraut hätte, schildert Wagner seine Reise. Die Begegnung mit einem recht arroganten Engländer, der ihm ständig in die Quere kommt, weil dieser gleiches vorhat - und schließlich doch die Begegnung mit seinem Idol - aus all dem strickt Wagner eine vergnügliche Geschichte.

Eva Brand, Mitglied der Gächinger Kantorei Stuttgart und vielfach als Rezitatorin mit Lesungen von lyrischer und epischer Dichtung unterwegs, las den Text nicht einfach, sie erzählte die Geschichte den Zuhörern in so eindringlicher Weise, nahm sie mit auf diese Reise, und zauberte ihnen ein ums andere Mal ein Lächeln ins Gesicht.

Begeistertes Publikum

Mit gleicher Leichtigkeit ging die Pianistin Ninette Hofmann ans Werk. Egal ob sie Bach, Beethoven oder Chopin spielte - den Gedanken an "schwere Musik" ließ sie gar nicht erst aufkommen. Mit erstaunlicher Lockerheit glitten ihre Finger über die Tasten, in atemberaubender Virtuosität selbst bei den schwierigsten Passagen. Ob es die Französische Suite V von Johann Sebastian Bach oder die Ballade Nr. 2 von Frederic Chopin war, die beide nicht gerade zu den leichten Stücken der Klavierliteratur gehören, sowohl die technische Bewältigung wie das musikalische Einfühlungsvermögen der jungen Pianistin rang den Zuhörern immer wieder Bewunderung ab. Einige kennen Ninette Hofmann noch, als sie als Zwölfjährige, damals Schülerin am Gymnasium Georgianum in Hildburghausen, ihre ersten Auftritte am Klavier hatte, und verfolgen seither ihren Weg bei jedem ihrer Konzerte in der Region.

Ersten Preisen bei "Jugend musiziert" und der "Gläsernen Harfe" folgte ein Studium an der Musikhochschule in Nürnberg-Augsburg. Derzeit bereitet sie sich an Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart in einem Masterstudiengang auf ihre Diplomprüfung im Sommer diesen Jahres vor. Krönender Abschluss ihres Vortrages - die "Sturmsonate" von Ludwig van Beethoven. Schon während des Konzertes hatte das Publikum der Bitte, während des Konzertes nicht zu applaudieren, nicht entsprochen - spontan brandete der Beifall nach einer Chopin-Etüde auf. Und auch am Schluss applaudierten die begeisterten Zuhörer solange, bis Ninette Hofmann das Allegretto aus der Sturmsonate noch ein zweites Mal zu Gehör brachte.

Ein bemerkenswerter Auftakt des Veranstaltungsreigens im Künstlerhof. Der traditonelle Ostermarkt der Kunsthandwerker am Sonntag, dem 10. April 2011, und zwei weitere Veranstaltungen am 16. und 17. April im Künstlerhof "Roter Ochse" dürften wiederum großes Interesse finden.

aktualisiert von Thomas G. Marzian, 05.04.2011, 17:45 Uhr
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